[OLPC-DE] Anmerkung zur Rechtsform

Gregor Martynus (OLPC Deutschland) gregor at olpc-deutschland.de
Mo Feb 25 04:34:57 EST 2008


Hier noch eine Anmerkung des Anwaltes, er wird sich in kürze hier auf der
Mailingliste vorstellen.

Diesmal geht es um die die Rechtsform. Wir haben dafür ein paar Dokumente im
Wiki stehen:
http://wiki.olpc-deutschland.de/Rechtsform

Die Kommentar beziehen sich auf diese Dokumente

Ich möchte zwei Dinge dazu sagen:
> 1.   sie sind soweit ganz gut aber bei weitem nicht mehr aktuell. Wir
> hatten zum ersten Januar 2008 eine Reform des Gemeinnützigkeitsrechts
> gehabt.
> 2.   wenn es geht solltet Ihr in jedem Fall eine Rechtsform wählen, die
> der gemeinnützigkeit fähig ist, denn sonst währt voll steuerpflichtig.
> In Frage kommen vor allem der Verein, die gGmbh und die Stiftung.
>    a.) Die gGmbh unterscheidet sich weder in Struktur noch
> Gründungserfordernissen von der GmbH. Der Zweck ist einer nach §§ 50 ff.
> und es werden keine Gewinne an die Gesellschafter abgeführt. Die gGmbh
> lohnt sich in der Regel dort, wo eine sehr wirtschaftsnahe Struktur vor
> liegt (z.B. der Betrieb eines Krankenhauses) und die Formalia -
> insbesondere die Bilanz - hausintern erledigt werden kann. Dies ist in
> der Regel bei Einrichtungen im kirchlichen Raum der Fall. Die Diakonie
> betreibt gerne Krankenhäuser in dieser Rechtsform. Die gGmbH ist *keine*
> Von-unten-nach-oben-Einrichtung. Die gGmbH ist übrigens nicht
> "pfändungssicher". Irgendjemand hält die Gesellschaftsanteile an der
> GmbH und diesem jemand können sie auch weg-gepfändet werden.
>
>     b.) Der Verein ist schnell gegründet, leidet aber an furchtbar viel
> "Innenverwaltung". Ständig treffen sich die Organe und Gremien und
> müssen über Dinge abstimmen. Das ist entgegen der ersten Erwartung aber
> kein Gewinn an demokratischer Legitimation sondern nur ein Verlust an
> Schlagkraft, denn die Gremien sind der Mitgliederversammlung
> rechenschaftspflichtig: ob ein Gremium im Rahmen seiner Befugnisse
> gehandelt hat oder nicht, entscheidet sich dort und nicht bei der
> Diskusion über eine konkrete Maßnahme im Vorstand. Nicht selten wird in
> Vereinen auch Kollegialität mit Freundschaft verwechselt, was zwischen
> Grabenkämpfen führen kann.
> Das muß natürlich nicht so sein. Es gibt sehr gut geführte Vereine, die
> relativ nachhaltig wirtschaften (obwohl sie keine Rücklagen bilden
> dürfen). An Unicef (ja, das ist keine UN-Organisation sondern ein
> stinknormaler Verein, eingetragen im Vereinsregister des AG Bonn), sieht
> man aber auch, dass die Vereinsstruktur geradezu danach schreit,
> missbraucht zu werden.
>
>    c.) Die Stiftung ist wie ein gemeinütziger Felsblock. Ist sie einmal
> eingerichtet, kann man sie kaum mehr umkippen. Sie hat alle Vorteile
> eines gemeinnütuogen Vereins. An Stelle der Demokratischen Legitimität
> untersteht sie der staatlichen Stiftungsaufsicht, die sich nach dem
> Stifterwillen richtet und sie bietet noch zwei Vorteile: 1.) eine
> Stiftung darf in bestimmtem Umfang einen Gewerbebetrieb betreiben und
> die daraus erzielten Einnahmen als Rücklage verwenden und 2.) sie hat
> eine öffentliche Reputation. Nicht umsonst hat die OLPC Foundation in
> den U.S.A. diese Rechtsform gewählt. Weil sie auf keine Mitglieder hat
> und nur sich selbst gehört, können sie auch keine Anteile an der
> Stiftung weggepfändet werden. Außerdem ist eine Zuwendung aus der
> Stiftung auch an Personen oder Einrichtungen möglich, die sich in
> finanzieller Notlage befinden, denn diese Zuwendungen unterliegen nicht
> der Pfändung. Für die potentiellen Spenden besteht noch der Vorteil,
> dass sie so genannte Zustiftungen durchführen können, die sie bis zur
> Höhe ovn 1 Mio Euro eins-zu-eins von der Steuer absetzen können, während
> Spenden nur zur Hälfte abgesetzt werden können. Hat ein Unternehmen als
> die Wahl, eine Spende an einen Verein zu tätigen oder eine Zustiftung an
> eine gemeinnützige Stiftung, spricht einiges dafür, dass ratinoalerweise
> die Stiftung zum zug kommt. Spenden sind aber natürlich auch möglich.
>
> Die Kehrseite sind die Verwaltungskosten. Die Unterhaltung der Sitftung
> kostet gelt: Steuerberater, Bilanzprüfer/Wirtschaftsprüfer, Anwälte
> etc., aber: ein Verein, der mit größeren Spendensummen agiert oder gar
> aus Mitteln der EU oder des Bundes gefördert wird, benötigt dies auch.
> Mittelfristig kommt man um diese Verwaltungskosten nicht herum. Die
> Großförderer, wie Aktion Mensch, die E.U. oder der Bund wollen außerdem
> ganz furchtbar genaue Verwendugnsnachweise sehen, was (gerade beim
> Verein) eine Bürokraft nötig macht. Bei Stiftungen ist das oft mit drin.
>
> Allerdings möchte ich hier vor schwarzen Schafen warnen: es gibt Leute
> die erzählen was von Treuhandstiftungen ... um es abzukürzen: das ist
> fst ausnahmslos Bauernfängerei. Lasst die Finger von sowas! Andere
> Stiftungsverwalter verlangen raltiv viel Geld, das in - scheinbar - ganz
> kleinen Summen steckt und sagen: wir bekommen pro Jahr 2 % vom
> Stiftungsstock und 20 % vom Ertrag, dafür sind sämtliche
> Verwaltungskosten abgedeckt. Hoch gerechnet sind es dann aber 40 % - 60
> % vom Ertrag. Jeder kann das selbst durchrechnen, sagen wir: 5.000.000
> Stiftungsstock, daraus 5,0 % Zinsen = 250.000 Euro Ertrag; 250.000 -
> 50.000 (= 20 % vom Stock) - 100.000 (2 % vom Stock) = 100.000 Euro.
> Gerade sind 60 % des Ertrages für den Verwalter verschwunden.
>
> Das ist bei Hedgefonds ein üblicher (und m.E. völlig angemessener) Wert,
> bei gemeinnützigen Stiftungen sind die Zahlen zu hoch. Aus meiner
> Erfahrung, kann ich sagen, dass für die Verwaltung 1,6 % vom Stock und
> 12 % vom Ertrag angemessen sind, falls nicht besondere Umstände hinzu
> kommen. Natürlich müssen der Anwalt und der Steuerberater ihre
> Angestellten, die Miete und die Krankenversicherung für die eigenen
> Kinder bezahlen, was dazu führt, dass eine Stiftungsverwaltung sich
> rechnen muss. Nicht zuletzt sind Fortbildungen teuer und natürlich:
> Anwalt und Steuerberater haften, wenn sie Unsinn machen und zwar mit
> ihrem eigenen Reihenhäuschen und der Ausbildugnsversicherung für die
> Kinder. Aber trotzdem: Es gibt viele, die vor Dollarzeichen in den Augen
> das Maß aus den Augen verlieren. Ich wollte damit nur sagen: "schau trau
> wem"?
>
> Lange Rede kurzer Sinn: Vergesst die gGmbH, denn ihr könnt die Vorteile
> nicht nutzen. Nehmt den gemeinnützigen Verein und strebt eine Stiftung
> an. Ideal wäre m.E. eine Struktur, wo nach der Stiftungsgründung der
> Verein bestehen bleibt und den sozialen Unterbau (grassroot) beherbergt,
> der jeweilige Vereinsvorsitzende könnte dann in das Kuratorium der
> Stiftung entsandt werden, um eine gewisse Kontrolle der Community über
> die Geschäfte der Stiftung zu garantieren. Zwei weitere Kuratoren
> könnten von der Mitgliederversammlung gewählt werden. Dann habt ihr eine
> demokratische Kontrolle.
>
> Das einstweilen von hier, ich habe leider gleich Termine. Jetzt, wo mich
> die Liste kennt, werde ich mich - sobald ich Zeit finde - mal kurz
> vorstellen.
>

Viele Grüße,
Gegor
-------------- nächster Teil --------------
Ein Dateianhang mit HTML-Daten wurde abgetrennt...
URL: <http://lists.laptop.org/pipermail/olpc-de/attachments/20080225/0b16519c/attachment.html>


Mehr Informationen über die Mailingliste olpc-de