[OLPC-DE] Übersetzung

Bert Freudenberg bert at freudenbergs.de
Mi Jan 2 06:44:33 EST 2008


On Jan 2, 2008, at 2:16 , Michael Reschke wrote:

> > recht neue Dissertation von John Maxwell) kennst du vielleicht noch
> > nicht - das kann man durchaus als historische Abhandlung verstehen,
> > deren neuestes, noch ungeschriebenes Kapitel das OLPC-Projekt ist.
>
> Jetzt bitte keine Einschüchterungsversuche der Form: Haste nicht  
> gelesen, darfste nicht mitspielen *lach*.

Mir ging es eher darum, eine gemeinsame Basis zu finden. Und das  
haben andere Leute besser aufgeschrieben als ich das hier vermag,  
deswegen der Verweis auf die Literatur.

> Manchmal ist gesunder Menschenverstand ausreichend und der sagt mir  
> gerade "Non vitae, sed scholae discimus" oder wie war das noch  
> gleich???

Weder das Leben noch die Schule würde ich mit "PC-Kenntnisse  
erwerben" gleichsetzen.

> Wenn wir Schülern einen PC geben und gleich neue Bezeichnungen für  
> die Teile einführen, könnten 'wir' da was missverstanden haben.

Wenn wir Schülern einen PC geben - tun wir aber nicht.

> Wenn die Schüler mit ihren Eltern über PC und Betriebssystem  
> sprechen, wäre es förderlich, die könnten sich verstehen und  
> müssten nicht erst rumrätseln, was denn die cleveren Übersetzter  
> gemeint hatten. Eine mögliche Steigerung könnte natürlich noch sein  
> so Begriffe wie "file" gleich mal neu einzudeutschen. Was  
> *KNUFFIGERES* als "Datei" findet sich doch sicher...

Das klingt, als wäre dir noch nicht aufgefallen, dass in der Tat  
"Dateien" in der Sugar-Oberfläche nicht vorkommen.

> Wenn man - um den OLPC zu verwenden - erst das OLPC-Wörterbuch der  
> neuen PC-Fachbegriffe wälzen muss, könnte sich das OLPC-Projekt  
> selbst ad absurdum führen. Die Dinger sollen im Unterricht  
> unterstützend wirken, nicht im Mittelpunkt stehen und so den  
> Lernerfolg der Schüler behindern...

Mir scheint wirklich, dass du das Projekt missverstehst. "PC- 
Fachbegriffe" kann meinetwegen der "PC-Lehrer" im "PC-Unterricht"  
vermitteln. Wir haben anderes vor.

> Falls du daraufhinauswolltest: Die aktuellen Diskussionen im  
> Bereich Medienpädagogik und Pädagogische Psychologie versuche ich  
> so gut es geht, interessiert zu verfolgen, deine Literaturtipps  
> werde ich mir aber gerne mal ansehen...

Ich bin mit diesen aktuellen Diskussionen nicht vertraut - habe  
allerdings "von weitem" den Eindruck, dass die heutigen Diskutanten  
weit weniger interessante Ideen verfolgen als noch in den 70ern.  
Heute nehmen viele die derzeitige "PC-Kultur" als gegeben hin und  
sehen noch nichtmal ein Übel darin, während in der Anfangzzeit viel  
mehr experimentiert wurde.

> @Bert: Gib mal einige Beispiele, wo wir uns mehr Mühe geben müssten  
> als z. B. KDE ...


Seufz. Wieso sollte man sich an KDE messen? Das ist eine PC- 
Oberfläche wie jede andere, mit Applikationen und Dateien  und den  
ganzen anderen nicht mehr hinterfragten Konventionen, die man  
heutzutage beim Umgang mit Computern für unerlässlich hält.

Ich wünsche mir im Gegensatz dazu eine Lernmaschine, die nicht  
magisch daherkommt, sondern die dekonstruierbar ist, die man  
auseinandernehmen und wieder zusammenbauen und mithin verstehen kann.  
Der Kinderlaptop könnte ein Instrument werden, auf dem man mit Ideen  
spielt - aber nicht in dem man eine Büromaschine miniaturisiert.

Die "Aktivitäten" unter Sugar, die ihren Zustand speichern ohne dass  
man dafür "Dateien" bemühen müsste, oder der allgemein verfügbare  
"Quellansichtsknopf", mit dem man hinter die Kulissen schauen kann,  
das sind Schritte auf dem Weg hin zu solch einem verständlichen  
System. Aus pragmatischen Gründen basiert das derzeit auf etablierten  
Technologien wie dem Linuxkernel, dem X-Windowsystem usw.,  
idealerweise würde das ganze System zugänglich und verständlich sein  
bis hinunter zur Hardware.

Klingt utopisch? Ist es nicht. Man muss sich nur von der Vorstellung  
lösen, dass man ein Betriebssystem bräuchte, Bibliotheken,  
Applikationen und was sonst noch. Beispielsweise kann die Firmware  
des XO sämtliche eingebaute Hardwarekomponenten ansprechen - die  
Treiber umfassen typischerweise eine Seite Forth-Quelltext. Viel mehr  
Nützliches tut der Linuxkernel auch nicht, ist aber um ein Vielfaches  
komplexer.

Ich kann nicht abschätzen, wie nahe OLPC solchen Idealen wirklich  
kommen wird. Aber besser als die heutigen schlechten de-facto  
Standards können wir allemal werden, und nur wenn man sich ein weites  
Ziel steckt, kann man überhaupt gut werden.

- Bert -




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